Im Rahmen meines Wander-Wochenendes in den belgischen Ardennen stand außer einer Wanderung durchs Tal der Feen eine Wanderung im faszinierenden Hochmoor des "Hautes Fagnes" dem Hohen Venn an.
Für mich gleich eine doppelte Premiere: Ich war bis zu diesem Wochenende weder in Belgien noch in einem Hochmoor gewesen.
Eine Wandertour über Holzstege und Moorpfade hört sich nach Abenteuer an. Genau das ist es auch.
„Das Hohe Venn lässt dich nicht mehr los, Besucher kommen immer wieder zurück.“
Lauten die Worte unseres diplomierten Natürführers Erwin Legros, um lachend zu ergänzen:
„Ich bin ein typischer Venn-Bewohner, klein und gedrungen“.
Erwin ist ein richtiges Original. Trotz seines Alters (über 70 Jahre jung) gibt unser heutiger Wanderführer mit großer Leidenschaft sein Wissen und Geschichten über seine ostbelgische Heimat weiter.
3-stündige Wanderung um Baraque Michel
Zusammen mit Erwin fahren wir die kurze Strecke von unserem Treffpunkt am Naturzentrum Botrange nach Baraque Michel, wo unsere geführte Wandertour - ein Rundweg startet.
Ein Moor ohne Wasser und somit viel Regen ist kein Moor. So auch heute: Kurz nachdem wir unseren Bus verlassen beginnt es, in Strömen zu regnen.
Also stellen wir uns nahe der Kapelle Fischbach unter schützende Bäume und Erwin erzählt, dass diese Kapelle - vor allem ihr kleiner Leuchtturm - früher als Orientierungspunkt für Moorwanderer diente. Die einstige Petroleumlampe wurde in der Zwischenzeit durch moderne Leuchtstoffröhren ersetzt.
Nachdem der Regen nicht nachlässt, gehen wir los. Getreu dem Spruch „es gibt kein schlechtes Wetter sondern nur schlechte Kleidung“ sind wir alle gut ausgestattet: Regenjacke, Regenschirm, Regenschutz für Kamera und Rucksack und sogar Regenhosen.
Auf unserer knapp 3-stündigen Wanderung erlebe ich die faszinierende Landschaft, das schnell umschlagende Wetter und Erwins Leidenschaft als er uns mit strahlenden Augen erzählt, wie er damals die Birkhähne (ein fasanenartige Hühnervögel) im Hohen Venn auf Balz beobachten konnte.
Leider ist die Population dieser Tiere start zurückgegangen und nur noch wenige Exemplare im Hochmoor zu finden. Wir haben keinen dieser selten gewordenen Tiere gesehen.
Dafür zeigt uns Erwin am Wegesrand wachsende Heilkräuter und klärt uns über ihre Verwendung auf.
Unterwegs sind wir nicht nur auf matschigen Trampelpfaden sondern auch auf Holzstegen, die nicht nur dem Schutz des Moors sondern auch unserer eigenen Sicherheit dienen. Ein Schritt daneben kann gefährlich sein, vor allem wenn man alleine unterwegs ist.
Heute ist besondere Vorsicht geboten: Die Holzplanken sind extrem rutschig und manchmal auch locker.
Auf dem Rundwanderweg um die Baraque Michel lässt sich so wunderbar das Hochmoor und seine Geschichten erkunden.
Verlasse niemals ausgeschilderte Wege und Stege!
Warum man die Stege nicht verlassen sollte demonstriert uns Erwin eindrucksvoll: Er verlässt die sicheren Stege um uns zu demonstrieren, was ein „Schwingmoor“ ist.
Die Tücken des Schwingmoors
Er tastet sich langsam vorwärts um dann auf dem vermeintlich festen Boden zu hüpfen. Die Erdoberfläche beginnt sich bedrohlich zu bewegen und schwingt mit jedem Hüpfer stärker.
Wir fragen nach was passiert, wenn die Wurzeln, die den Boden zusammenhalten, nachgeben und er einbricht. Der Wallone grinst und antwortet trocken: "Dann müssen eben die starken Jungs mich herausziehen". Wir werden alle ein wenig nervös und uns ist unbehaglich zumute.
Erwin warnt uns deshalb nochmals eindringlich davor, die gekennzeichneten Wege zu verlassen. Just in diesem Moment entdecken wir kaum 50 Meter weiter ein junges Paar, welches sich auf ungesicherten Wegen herumtreibt. Unglaublich wie unvorsichtig Menschen sein können…
Erwin fährt fort und erzählt, wie man im Falle eines Einsinkens sterben würde...
Der Tod im Moor ist grausam und langwierig
Der Boden verhält sich wie ein Vakuum. Probierst du den einen Fuß herauszuziehen sinkst du mit dem anderen tiefer ein. Ohne Hilfe hast du keine Chance herauszukommen. Der Tod im Moor kommt sehr langsam.
Mit seiner ruhigen wallonischen Art schildert unser Tourguide den Vorgang: „Dein Körper kühlt langsam aus, der Mensch wird ganz ruhig und dein Herzschlag verlangsamt sich. Du fällst irgendwann ins Koma und verlierst das Bewußtsein bis zu stirbst."
Natürlich steht er dabei nicht auf dem sicheren Holzsteg, sondern immernoch am vermeintlich sicheren Rand des Schwingmoors.
Der Boden kann große Mengen an Wasser aufsaugen...
Erwin wechselt das Thema und reißt ein paar Moosstücke aus dem feuchten Boden. und drückt es mit der Hand zusammen: "Diese Pflanze funktioniert wie ein Schwamm". In der Tat fließt unglaublich viel Wasser aus dem kleinen Büschel.
Unsere Rundwanderung ist viel zu schnell vorbei. Zum Abschluss der Tour kehren wir im Restaurant Mont Rici ein. Hier gibt es - wie überall auf unserer Tour - ein sehr üppiges und leckeres Mittagessen. Zeit zum Aufwärmen und Trocknen!
Erwin hatte zu Beginn der Wanderung recht: Wer einmal hier war, der kommt wieder. Das Hohe Venn und dieses einzigartige Naturerlebnis hat auch mich in seinen Bann gezogen.
Bis bald du schöne farbenfrohe und mystische Landschaft!
Wissenwerte Informationen
Infos zum Hohen Venn und Naturzentrum Botrange
- Ein Besuch im Naturzentrum Botrange, dem höchsten Punkt Belgiens mit 694 Metern lohnt sich. Hier werden geführte Wanderungen (empfehlenswert) angeboten. Außerdem bekommst du ausführiches Info- und Kartenmaterial. Sogar E-Bikes kannst du hier mieten.
- Beste Reisezeit: Laut Erwin ist der Herbst die beste und schönste Reisezeit, da sich die Gräser und Bäume bunt färben.
- Das Schutzgebiet ist in vier Zonen eingeteilt:
Zone A kannst du frei betreten, Zone B nur auf markierten Wegen, Zone C nur in Begleitung eines Natürführers und Zone D ist Schutzzone. Sie ist komplett gesperrt. - Hunde sind generell verboten, auch an Leinen.
- Dreieckigen rote Fahnen solltest du Beachtung schenken, sie weisen auf Gefahren und Sperrungen hin
Für Eure Wandertouren in Ostbelgien empfehle ich den Wanderroutenplaner.
Was ist ein Hochmoor?
Das Hohe Venn in der Wallonie ist ein Hochmoor. Einzigartige Landschaften, die sich durch einen dauerhaften Wasserüberschuss auszeichnen. Stell dir einen vollgesogenen Schwamm vor, mit bis zu 90% Wasser, die erhaben in der Landschaft liegen. Deshalb auch der Name "Hoch"moor. Da diese Regionen alleine vom Regenwasser leben, nennt man sie auch Regenwassermoor.
Ohne Zweifel ist das Hohe Venn eine der ursprünglichsten und unberührten Landschaften in den Ardennen. Raues Klima mit starken Niederschlägen, lange, kalte Winter und eine niedrige Durchschnittstemperatur um die 6° C haben dazu beigetragen, dass hier noch seltene Pflanzenarten zu finden sind, die normalerweise in Nordeuropa oder Gebirgsregionen zu finden sind.
Nur niedrige Sträucher und wenige Gräser können hier wachsen, da die Erde ein für andere Pflanzenarten saures Milieu geschaffen hat. Einmalig in der Pflanzenwelt.
Dadurch, dass durch den hohen Wasserstand eine Belüftung der Erdoberfläche verhindert wird, findet eine Zersetzung der Pflanzenreste so gut wie nicht statt. Es entsteht Torf, welcher pro Jahr aber nur 1 mm anwächst. Der hohe Wasserstand ist übrigens auch ein Grund für „Moorleichen“, die nicht zersetzt werden.
Das natürliche Biotop ist das einzig bis heute erhalten gebliebene und größte Hochmoor Europas. Zu seinem Erhalt sich aufwendige Schutzmaßnahmen erforderlich, wie unser Guide Erwin berichtet.
Aktivreisen in der Wallonie/Ostbelgien
- Im Internet findest du auf der Webseite von Ostbelgien Tourismus viele hilfreiche Informationen zu Wandertouren, Fernwanderwegen, Reisen mit Kinder, Unterkünften, Gastronomie u. v. m.
- Neu ist der digitale Wanderroutenplaner, mit dem du deine eigene Route zusammenstellen, ausdrucken, auf einer App anzeigen oder als GPS Daten herunterladen kannst.
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Hi ich bin Katrin!
Ich bin Katrin, viel unterwegs und echte Reise-Expertin! Mit Campervan oder Rucksack möchte ich die ganze Welt entdecken. Um meine Erfahrungen & Erlebnisse mit dir zu teilen, habe ich diesen Reiseblog gegründet!
Das sagen unsere Leser
10 KOMMENTAREAxel | OUTDOORSEITE
30. September 2014 um 20:31 UhrHi Katrin, toller Artikel. Das war echt ein interessanter Tag – und danke für’s Erwähnen!
LG Axel
Katrin Lehr
1. Oktober 2014 um 12:05 UhrStimmt das war wirklich ein toller Tag. Liebe Grüße
Beatrice
1. Oktober 2014 um 10:34 UhrOh, toller Artikel. Kompliment! Sei ganz herzlich gegrüßt, Beatrice
Katrin Lehr
1. Oktober 2014 um 12:04 UhrDanke dir und liebe Grüße!
Jörg
8. November 2014 um 12:15 UhrHach… es ist schon wieder so lange her. Aber ich lese es immer wieder gerne… das Hohe Venn ist schon toll!
Liebe Grüße, Jörg
Margarete Gebhardt
22. Juni 2019 um 16:51 UhrHallo Katrin!
Ich bin eben über deine Reiseseiten gestolpert. Jordanien hat mich interessiert, weil wir im letzten Monat dort selbst eine 13Tagetour mit Mietwagen gemacht haben. Bei den heißen Quellen waren wir leider nicht, obwohl wir die Gegend passiert hatten. Auch diese Wandertour, die du hier so interessant beschreibst, ist nachahmenswert.
Was mir auffällt, bei vielen Bloggern und auch hier, wird kein Reisedatum genannt. Auch wenn viele Reisen zeitlos sind, aktuelle Tipps sind mir wichtig. Nichts für ungut und weiterhin schöne Reisen wünscht Margarete
Katrin Lehr
22. Juni 2019 um 17:25 UhrDie Tipps werden immer wieder aktualisiert. Darum ist das Datum nicht drin. LG Katrin
Heinz Ahrendt
6. Juli 2019 um 14:11 UhrHallo Katrin,
habe eben Deine Tour im Venn gelesen, sie hat mich sehr angesprochen. Wir planen eine Gruppenwanderung im Venn und sind sehr an eine Führung mit Erwin interessiert. Kannst Du mir bitte seine Kontaktdaten nennen?
Katrin Lehr
7. Juli 2019 um 09:06 UhrHallo Heinz,
für einen Kontakt müsst ihr euch an das Naturparkzentrum Botrange wenden.
Viele Grüße Katrin
Heinz-Josef Keutmann
27. Juni 2022 um 06:39 UhrHallo Frau Lehr,
einen schönen Bericht über das Hohe Venn um Barayue Michel. Mit Erwin Legros den erfahrenen Diplom Naturführer haben wir schon viele schöne Wanderungen gemacht.
Auch in diesem Jahr möchten wir mit zwei Gruppen des Geschichtsvereins Setterich eine Tour ins Venn machen.