Sachsen, du Schönheit! In der Vergangenheit hast du es nicht leicht gehabt. Die zum Teil monothematische Berichterstattung und pauschale wie hinterwäldlerische Generalisierung in den sozialen Medien verschleiern den Blick auf ein Bundesland voller Tradition, Moderne, Vielfalt, Innovation und dem Bestreben, den Blick immerwährend nach vorn zu richten.
Ich war im Zuge der „So geht Sächsisch!“-Kampagne ein paar Tage im Freistaat unterwegs und durfte mich vergewissern, dass es hier – in Leipzig, Chemnitz und dem Erzgebirge – so einiges mehr zu entdecken gibt. Im Zuge weiterer Reisen der weiteren Autoren des Blogs haben wir unsere Erlebnisse und Highlights in Sachsen ergänzt.
Dieser Beitrag handelt von mutigen Quereinsteigern, urbanen Kunstprojekten, traditionellen Manufakturen und muckeligen Landschaften. Viel Spaß!
Leipzig: Die Grande Madame auf Botox
Wenn es um Modernität geht, ist Leipzig wohl der inoffizielle Gewinner im Duell mit der Landeshauptstadt Dresden.
Neben dem Alten Rathaus und der Thomaskirche ist es nämlich die junge Studentenszene (einige meiner Freunde und Kollegen haben hier an der Jazzhochschule studiert und sind sesshaft geblieben), die wächst, gedeiht und die Stadt im ständigen Wandel hält.
Es empfiehlt sich, die Karl-Liebknecht-Straße aufzusuchen – von Einheimischen auch liebevoll „KarLi“ genannt –, denn hier sprüht es nur so vor szenigem Charme mit Kneipen, Cafés und Manufakturen wie Goldstein & Co. auf dem „Feinkost“-Gelände.
Hier werden seit 2007 alte und neue Möbelstücke liebe- wie geschmackvoll restauriert, zusammengesetzt, aufbereitet und in einem protzigen Loft mit angeschlossener Werkstatt zur Schau stellt. Hier verknallt man sich minütlich in ein anderes Möbelstück (das wissen die Goldsteiner Schlingel natürlich).
Wer dem Rausch des Interieurs erlegen ist, kann diesen auf dem Feinkost-Gelände durch Street-Art, Kaffee oder Freilichtkino besänftigen – oder im Club „Absturz“ am Leben erhalten.
Von dort aus sind es nur wenige Meter zum Biergarten unter der ulkigen Löffelfamilie, in dem das Leipziger Lokalpublikum klüngelt. Im Die Versorger lässt es ich bei schönem Wetter ebenfalls idyllisch sitzen und abseits von Touristen und Franchise-Ketten mittagessen, während die Akko Hummus Bar die richtige Dosis schmackhaften Kichererbsenmußes bereithält.
Sieh' dir alle Tipps und Leipzig Sehenswürdigkeiten hier an
Chemnitz: Kulturhaupstadt Europas 2025
Die grau Stadt ist viel besser als der Ruf. Als Kulturhauptstadt hat Chemnitz auch einiges zu bieten. Neben den wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie das riesige Karl-Marx-Monument, Oper und Theaterplatz finden hier tolle Kulturfestivals statt.
Mehr Tipps für Chemnitz hier nachlesen
Oberwiesenthal: Wintersport und Räucherkerzen im Erzgebirge
Zugegeben, die Überschrift klingt erst mal nicht sonderlich verlockend, aber als Berliner muss ich mir Sprüche wie „Wir haben ja keine Berge“ verkneifen. Haben wir nämlich nicht, weshalb mir jede Erhebung über 10 Meter regelmäßig vorkommt wie ein Ausflug in die Alpen.
In Oberwiesenthal jedenfalls strahlt das Erzgebirge selbst in Sommer in voller Pracht – wenn man denn Glück mit dem Wetter hat. Das ist uns diesmal nicht gegönnt, wie die Fotos beweisen, aber selbst zwischen den nebelverhangenen, in der Finsternis verstörend daher stehenden Wäldern und auf den Schneetouristen lauernden Grinse-Maskottchen (wir bleiben bei den Horrorfilm-Analogien: „Silent Hill“) kann man erahnen, dass es hier bei Sonnenschein herrlich kurortig sein muss.
Wir wandern ein wenig über die Skihänge und vorbei an Skischanzen – schneller geht’s mithilfe einer der zahlreichen E-Bike-Anbieter. Heute lässt man ja in die Pedale treten. Mit wanderroten Wangen kriegt man natürlich direkt Lust auf einen Federweißer mit Zwiebelkuchen, und der glückliche Naturliebhaber findet diese mancherorts am Wegesrand, zum Beispiel im „Cafe Schmiedl“.
Wer’s kennt: Bei den Simpsons gibt es ein „Santa’s Village“, also ein Dorf, in dem jeden Tag im Jahr Weihnachten gefeiert wird (außer – wie witzig! – zu Heiligabend). So ähnlich fühlt man sich, wenn man die heiligen Räucherhallen des „Crottendorfer Räucherkerzenlands“ betritt: Der permanente Duft von Zimt und Myrrhe würde einen unerfahrenen Riecher wahrscheinlich nach einem einzigen Arbeitstag wahnsinnig machen, aber der Clou sind gar nicht mal die Vielzahl an Räucher-Accessoires und handgelaserten Schiefertafeln, sondern die Tatsache, dass man hier selbst Räucherkerzen würzen und formen kann.
Und. Das. Macht. Spaß. Vor allen Dingen, weil jeder in der Familie mal für eine Stunde sein Handy wegpacken muss, denn man saut sich die Pfoten ordentlich ein. Nach den ersten, eher an alte, sterbende Giraffen erinnernden Versuchen geht es sogar ganz flüssig von der Hand, das Quetschen und Kullern des Holzkohle-Teigs.
Meine kleinen Stinker trocknen gerade noch auf der Heizung, aber ich kann gar nicht erwarten, in die verdutzten Gesichter meiner Familie zu schauen, wenn ich sage: „Die hab ich selbst gebacken!“
Verfehlen kann man die Crottendorfer Traditionsstätte, die bereits seit 100 Jahren besteht, nicht: Eine riesige, 15 Meter hohe, begehbare (und natürlich räuchernde) Kerze ist wohl schon aus einiger Entfernung zu erkennen.
Und das deftige Essen – Soljanka, Gulasch, Buletten mit frischem Kartoffelsalat – sowie die hausgemachten Kuchen sind ebenfalls genau so empfehlenswert wie das ebenso herzhafte – Pardon! – herzliche Personal. Jut!
Der Leipziger Hauptbahnhof trennt dann die frische Beziehung zu diesem Bundesland jäh. Wie eine Familie, die dem Fahrenden vom Bahnsteig mit einem „Komm bald wieder“ im Gesicht zuwinkt, zieht die Stadt noch einmal an mir vorbei. Dabei gibt es noch so viel mehr zu sehen, zu lernen und zu erleben – Dinge, die in solch kurzer Zeit einfach in keinen Kalender passen, aber die Entscheidung zur baldigen Wiederkehr umso mehr erleichtern.
Und gerade jetzt, in Zeiten, in denen jeder Mensch mit einem weltoffenen Geist und lauter Stimme gebraucht wird, bereichert man nicht nur sich selbst, sondern auch das Image dieses tollen Landes. „Win-win“ heißt das, glaube ich.
Dresden
Die Landeshauptstadt Dresden ist jedem ein Begriff: Frauenkirche, Semperoper, Zwinger und viele weiteren Sehenswürdigkeiten tummeln sich in der vielfältigen Stadt. Die berühmte Altstadt bietet auf so mancher Terrasse tolle Ausblicke. Am gegenüber liegenden Elbufer beginnt die Neustadt mit ihrer spannenden Kneipen- und Kulturszene. Mittendrin befinden sich die Elbwiesen, an die es bei gutem Wetter Einheimische und Touristen gleichermaßen zieht.
Alle Tipps für Dresden kannst du hier nachlesen
Elbsandsteingebirge
Das Naturwunder mit seinen markant aufragenden Basaltfelsen ist nicht weit von Dresden entfernt. Das Highlight der Sächsischen Schweiz bietet viele Wanderungen mit Aussicht. Am beliebtesten ist die Wanderung auf die Bastei, mit Blick auf das Elbsandsteingebirge sowie die Elbe.
Alle Highlights der Sächsischen Schweiz habe ich hier ausführlich notiert.
Nützliche Reisetipps
Wie lange, um die Highlights in Sachsen zu erkunden?
Man sollte sich schon mindestens eine Woche geben, um auch die Orte abseits Dresdens und Leipzigs zu besuchen. Das Erzgebirge empfiehlt sich natürlich für den geneigten Wintersportler, wenngleich man sich schon frühzeitig um eine Unterkunft kümmern sollte - und dann dürfen es ruhig zwei Wochen sein.
Anreise und Herumreisen
Die Zugverbindungen der Deutschen Bahn (ICE) und der Regionalbahn sind prima. Aus Berlin bist du schnell in Leipzig. Auch vor Ort sind wir schnell und bequem mit der Bahn herumgereist.
Für entlegenere Orte ist ein Mietwagen sinnvoll (falls du kein eigenes Auto besitzt).
Meine Hotel-Tipps für Sachsen
Hier eine kleine Auswahl an Unterkünften, die ich bei meinen Reisen schon getestet habe.
Für Leipzig:
In Chemnitz:
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Hi ich bin Chris!
Ich bin Musiker, manage Künstler und liebe Sprachen. Als Restaurantkritiker interessiere ich mich außerdem für sehr gutes Essen – und da man das überall auf der Welt finden kann, reise ich auch gerne.