Mein Bericht zur 12-tägigen Reise durch Ost- und Südostanatolien

Nachdem ich bereits letztes Jahr mit DIAMIR Erlebnisreisen die Highlights in Kappadokien erkundet und eine mehrtägige Wanderung durch den Aladağlar Nationalpark gemacht habe, stand die diesjährige Türkei-Reise im Zeichen der Kultur. Imposante Ausgrabungen, monumentale Grabstätten und eine jahrtausendealte Geschichte der menschlichen Zivilisation. In diesem Bericht erfährst du alles zu meiner Kulturreise nach Ost- und Südostanatolien.

Etappen und Reiseroute

  • Tag 1: Anreise und Ankunft in Van
  • Tag 2: Wanderung am Berg Artos und Ausflug zur Insel Akdamar 
  • Tag 3: Wanderung am Berg Suphan
  • Tag 4: Ein Tag im Nemrut Krater
  • Tag 5: Busfahrt nach Diyarbakır
  • Tag 6: Stadttour in Diyarbakır
  • Tag 7: Fahrt nach Midyat
  • Tag 8: Zwischen Midyat und Mardin
  • Tag 9: Stadttour in Mardin
  • Tag 10: Göbekli Tepe und Şanlıurfa
  • Tag 11: Der Berg Nemrut und Gaziantep
  • Tag 12: Mosaikmuseum und Abreise

Wir reisen gerne individuell, allerdings brauchst du für eine Kulturreise, einen professionellen Reisepartner, sowie Guides, die sich mit der Geschichte auskennen und vor Ort das Logistische und den Transport organisieren. Daher war ich mit unserem guten Partner DIAMIR Erlebnisreisen unterwegs, die sich um alles gekümmert haben – klare Empfehlung! Sieh dir hier die Reise bei Diamir an – die offizielle Reise geht 10 Tage, wir hatten uns bisschen Zeit gelassen, um neue Sachen auszuprobieren und Fotos zu machen.

Tag 1: Ankunft und Einstimmung in Van

Nach einer Zwischenlandung in Istanbul geht es mit einem Inlandsflug weiter nach Van. Da der Flughafen in Van keine eigenständige Zollabfertigung hat, muss ich den Koffer in Istanbul am Gepäckband einsammeln und am Schalter für Inlandsflüge erneut einchecken. Im Flieger sitze ich am Fenster und kann viele der vor uns liegenden Highlights bereits aus der Luft betrachten: den Vansee, Berg Suphan und den Nemrut Krater. Die Vorfreude wächst. 

In Van angekommen bietet sich mir ein Bild, das nicht unterschiedlicher sein könnte. Während auf einer Landebahn eine Militärdrohne auf ihre Starterlaubnis wartet und überall Soldaten sehr präsent sind, tanzen und singen im Eingangsbereich des Flughafens dutzende Menschen und begrüße damit eine angehende Braut, die mit uns im Flugzeug saß. Willkommen in Ostanatolien. 

Wir checken im Hotel Conforium direkt in der Innenstadt ein. Von hier aus sind viele Restaurants, Cafés und Geschäfte fußläufig erreichbar. Da es erst Nachmittag ist, beschließen wir schon heute auf die Burg Van zu spazieren, um uns von dort aus den Sonnenuntergang anzuschauen. Unser Guide Volkan führt uns an kleinen, inoffiziellen Pfaden entlang zur Burg.

Wir kommen genau zum richtigen Zeitpunkt, denn bereits nach kurzer Zeit verschwindet die Sonne im Vansee. Uns bietet sich eine atemberaubende Aussicht: auf der einen Seite der größte See der Türkei, den man aufgrund seiner Größe für das Meer halten könnte. Auf der anderen Seite das Taurusgebirge mit seinen Schneekuppen. Wir steigen den Berg wieder hinab, diesmal den offiziellen Weg und sehen von unten, wie schön die Burg beleuchtet ist.

Nun macht sich auch der Hunger bemerkbar, daher gehen wir in ein türkisches Kebab-Restaurant, das bekannt für seinen Iskender Kebab ist. Das ist ein Tellergericht, auf dem das abgeschnittene Lammfleisch auf Fladenbrot mit sehr viel zerlassener Butter, Joghurt, gegrillter Paprika und Tomaten serviert wird. Sehr, sehr lecker, aber auch extrem fettig. Zeit fürs Bett vor uns stehen sehr ereignisreiche Tage.

Tag 2: Berg Artos und die Insel Akdamar

Nach einem ausgiebigen türkischen Frühstück, bestehend aus Pide, Oliven, Käse, Tahin und viel Salat – fahren wir in die Region des Berg Artos, ca. 40 km von Van entfernt. Der Berg Artos ist 3515 m hoch und bietet einen wunderbaren Blick auf den Vansee. Unsere Wanderung beginnt bei ca. 1800 Meter, denn höher kommen wir mit dem Auto nicht ran. Es geht an Schafherden vorbei, über Geröll und Schnee, bis wir auf ca. 2200 m Höhe einen schönen Platz zum Mittagessen finden. Der Berg Artos ist bekannt für seine Population von ca. 200 unterschiedlichen Schmetterlingen, endemischen Pflanzen und Tieren. Nach dem Mittagessen geht es wieder bergab. 

Mit der Fähre auf die Insel Akdamar

Mit dem Auto fahren wir weiter nach Gevaş am Vansee, um eine Fähre auf die Insel Akdamar zu nehmen. Auf der Insel befindet sich die bekannte armenische Kirche zum Heiligen Kreuz aus dem 10. Jahrhundert. Die Insel war lange Zeit kulturelles Zentrum der Armenier und seit ein paar Jahren dürfen armenische Gäste zu besonderen Anlässen für Gottesdienste auf die Insel anreisen. Die Armenier waren berüchtigt für ihre einzigartige Kunst um Umgang mit Verzierungen. So befinden sich viele bewundernswerte Reliefs an der Kirchenfassade. Die Insel wird nicht bewohnt und gehört dem Staat. An sonnigen Wochenenden ist die Insel ein beliebtes Ausflugsziel der Einheimischen. Zahlreich kommen sie her, um ein Picknick auf der Insel zu haben und sich mit Freunden und Familie zu treffen. 

Zurück auf dem Festland halten wir an einem Restaurant, in dem es endemischen Fisch aus dem Vansee gibt, eine Süßwasser-Äsche. Klein, aber sehr, sehr lecker, dazu rohe Zwiebeln und Bulgur. Anschließend fahren wir eine gute halbe Stunde zurück nach Van, um den Abend am Vansee ausklingen zu lassen.

Tag 3: Wanderung am Berg Suphan

Wir verabschieden uns von Van, um mit dem Auto Richtung Westen zu fahren. Heute wollen wir am Berg Suphan wandern und bis zum Ort Aydınlar sind es ca. 150 km. Suphan ist mit seinen 4058 Metern der zweithöchste begehbare Berg der Türkei und insgesamt der vierthöchste des Landes. In der Cilo-Bergkette an der Irakisch-Iranischen Grenze gibt es mit dem Uludouk (4125 m) und dem 4 km weiter entfernten Cilo (4116 m) zwei Berge, die höher sind, aber aufgrund des Gletschers nicht, oder nur mit Spezialequipment, besteigbar sind.

Wir fahren entlang des Vansees und können sogar einen Blick auf den höchsten Berg der Türkei, den Ararat (5137 m), erhaschen. Der Vansee ist wirklich riesig, nur mit Mühe erkennt man das Gebirge auf der anderen Seite des Sees. Während der Fahrt kommen wir regelmäßig an Militärcheck-Points vorbei. Mal werden wir herausgezogen und müssen unsere Pässe zeigen, in der Regel werden wir aber als Touristen identifiziert und dürfen passieren. 

Nach ca. 2 Stunden kommen wir in einem sehr kleinen Dorf namens Kışkıllı, unweit des Ortes Aydınlar, an. Es liegt auf ca. 2300 m und von hier aus wollen wir unsere Wanderung beginnen. Wir werden von Kindern auf einem Esel empfangen, aber davon abgesehen, scheint das Dorf völlig ausgestorben zu sein. Schon bald stoßen wir auf die ersten Schneefelder, sehen einen Fuchs, der munter vor sich herspringt, erkennen aber auch, dass sich hinter uns der Himmel mit rasantem Tempo zuzieht. Nach ca. einer Stunde fängt es an zu hageln und so beschließen wir, einen sicheren Ort zum Verweilen zu finden.

Stefan von DIAMIR, findet einen Felsvorsprung, der uns als Dach dient. Wir nutzen die Zeit für das Mittagessen. Auf dem Weg aus Van haben wir uns mit ein paar Leckereien eingedeckt, darunter frisches Pide Brot, Tomaten, Gurken, Paprika, eingelegte Oliven und türkischen Käse. Und natürlich Sonnenblumenkerne, wie das in der Türkei üblich ist. Ich wollte endlich die Technik lernen, wie man mit nur einem Biss den Kern von der Schale trennt – das wird aber noch dauern.

Der Hagel hat sich mittlerweile in Schnee gewandelt und nach ca. 45 Minuten hört es komplett auf. Daher beschließen wir, die Wanderung fortzusetzen. Der Schnee wird immer tiefer, der Aufstieg immer steiler. Nach ungefähr 300 Höhenmetern genießen wir noch einmal die spektakuläre Aussicht, ehe wir umkehren. Ich wäre sehr gerne noch weitergelaufen, aber das Wetter ist unvorhersehbar und mittlerweile ist auch schon bisschen Zeit verstrichen; wir müssen heute noch weiter nach Adilcevaz. 

Zurück im Dorf begegnen wir einer Familie, die sich nicht davon abbringen lässt, uns auf einen Tee einzuladen. Aus dem Tee wird ein ganzes Mittagessen, mit frisch gemachtem Brot, Eiern aus dem Stall und selbst gemachtem Käse. An dieser Stelle möchte ich einmal betonen, wie herzlich und einladend die Menschen in Ostanatolien sind. Überall, wo wir vorbeikommen, werden wir auf Tee eingeladen, selbstverständlich unentgeltlich.

Unser Guide Volkan erklärt, dass er normalerweise immer bisschen Schokolade, Tee oder andere Waren dabei hat, die er den Gastgebern dann überlassen kann, da dies die einzige Möglichkeit sei, sich erkenntlich zu zeigen. Geld akzeptiert niemand und gilt eher als Beleidigung. Dank Volkan erfahren wir, dass die Familie schon immer hier gewohnt hat. Der ältere Herr ist Vater von 12 Kindern. Sein Sohn, der neben ihm sitzt, ist Maurer und hat Aufträge in der gesamten Türkei. Irgendwie prägt sich dieser Moment sehr ein bei mir und wird auch eines der Highlights bleiben. Authentischer kann man das Leben in Ostanatolien nicht sehen. 

Anschließend fahren wir nach Adilcevaz ins Hotel. Die Stadt im Norden des Vansees hat sich bisher nicht ganz auf Tourismus eingestellt. Die wenigen Hotels, die es hier gibt, sind sehr bescheiden. Bisschen überraschend ist das schon, da von hier aus viele Touren für die Suphan-Besteigung starten.

Was für ein schöner Sonnenuntergang. Im Hintergrund erkennt man ganz dezent Teile des Gebirges.

Tag 4: Ein Tag im Nemrut Krater

Nach dem Frühstück geht es direkt weiter, zunächst nach Ahlat. Hier befindet sich mit 210.000 qm der größte islamische Friedhof der Welt, darunter sehr viele Grabsteine aus der Seldschukenzeit. Die Ausgrabungen sind nicht abgeschlossen, aber es ist sehr beeindruckend zu sehen, wie die Seldschuken (und später andere Kulturen) bereits vor über 1000 Jahren so wundervolle Grabsteine erschaffen konnten. Die Inschriften erzählen von den Verstorbenen, ihren Berufen und der Herkunft.

Nachdem wir uns anschließend in Ahlat mit Proviant eingedeckt haben, geht es weiter in Richtung Tatvan. Wir wollen den Nemrut Krater besichtigen (3050 m), ein ruhender Vulkan (letzter Ausbruch: 1441, letztes mal aktiv: 1881), der irgendwann in sich zusammengebrochen ist. Man schätzt, dass die älteste Lava ca. 1 Mio. Jahre alt ist. Heute ist der Nemrut Krater ein beliebtes Ziel, nicht nur für Touristen. Im Hochsommer kann in der 7 km breiten Caldera, mit zwei Seen, gecampt werden. Allerdings beherbergt der Krater auch viele Bären und Wölfe.

Im Hintergrund erkennt man den massiven Nemrut Krater, benannt nach König Nimrod

Normalerweise kommt man mit dem Auto bis an die Seen am untersten Punkt des Kraters. Als wir den Kraterrand erreichen, müssen wir allerdings feststellen, dass die Straße komplett zugeschneit ist. Hier geht es nicht mehr weiter, zumindest nicht mit dem Auto. Wir ziehen uns um (Wandersachen haben wir zum Glück im Koffer) und packen unsere Sachen, jetzt geht es zu Fuß weiter. Natürlich sind wir uns der Gefahr bewusst, die gerade erst aus ihrem Winterschlaf erwachte Bären, mit sich bringen. 

Wir haben den gesamten Krater für uns alleine. Alle anderen Reisenden begnügen sich mit der Aussicht vom Kraterrand, die zugeschneite Straße ist ein zu großes Hindernis. Schon bald entdecken wir erste Bärenspuren, aber von den Raubtieren ist weit und breit nichts zu sehen. Auf einem sicheren Hügel machen wir unser Picknick und genießen die atemberaubende Aussicht. Es ist ein sagenhaftes Gefühl, völlig alleine in dieser wunderschönen Idylle zu sein. 

Nach knapp 15 km und 400 Höhenmetern kommen wir wieder am Kraterrand an. Fast 6 Stunden waren wir unterwegs und sind mächtig erschöpft. Wir fahren ins Hotel nach Tatvan und nach einem schnellen Abendessen fallen wir ins Bett. 

Tag 5: Busfahrt nach Diyarbakır

Wir nutzten die Zeit am Morgen, um ein paar Eindrücke von der Stadt Tatvan zu gewinnen. Es gibt eine Eisenbahnfähre, die bis zu 50 Zugwagons von Van nach Tatvan bringt, da die beiden Städte direkt auf der gegenüberliegenden Seite des Vansees liegen. Die Fähre wird hauptsächlich für den Güterverkehr genutzt, aber anscheinend wird auch einmal in der Woche Personenverkehr transportiert. Wir nutzen unsere übrige Zeit, um einen Barbier zu besuchen, bevor es anschließend 250 km mit dem Bus nach Diyarbakır geht.

Busreisen in der Türkei sind ein echtes Highlight. Die hochmodernen Busse sind klimatisiert, bieten viel Beinfreiheit (es gibt nur 3 Sitzreihen) und man bekommt kostenlos Tee oder Kaffee serviert. Davon könnten sich die deutschen Busgesellschaften ruhig eine Scheibe abschneiden. Nach guten 4 Stunden kommen wir in Diyarbakır an.

Am Busbahnhof werden wir allerdings erstmal von der Zivilpolizei inspiziert. Grundsätzlich muss man sagen, dass es gerade in Ostanatolien sehr viele Kontrollen gibt. Das ist zum einen der Nähe zum Iran, Irak und Syrien geschuldet, zum anderen der kurdischen Untergrundorganisation PKK. An dieser Stelle möchte ich allerdings betonen, dass ich mich zu keiner Zeit unsicher gefühlt habe.  

In Diyarbakır angekommen, geht’s ins Radisson Blu Hotel. Dort gönne ich mir vor dem Abendessen noch einen Hamam. Das ist eigentlich ein traditionelles Badehaus aus der arabischen Welt, in der Männer von Männern und Frauen von Frauen gewaschen werden. Hier in den Hotels wird die Zeremonie allerdings von Thai-Frauen durchgeführt, nach Wunsch auch mit einer Thaimassagen. Ist mir recht, ich liebe Thaimassagen. Frisch gewaschen und völlig entspannt, lassen wir den Abend beim Dinner im Hotel ausklingen. 

Tag 6: Stadttour in Diyarbakır

Unser Tag startet mit einer dreiviertelstündigen Fahrt nach Egil. Dort besichtigen wir archäologische Ausgrabungen einer Festung, die nach aktuellen Schätzungen 1260-606 v. Chr. unter der Herrschaft der Assyrer erbaut wurde. Uns bietet sich ein phänomenaler Blick auf den Tigris und spätestens jetzt ist klar, dass wir im Zweistromland (Mesopotamien) angekommen sind. 

Anschließend fahren wir zurück nach Diyarbakır. Volkan gibt mit uns eine Stadtführung, bei der wir anatolische Köstlichkeiten am Markt entdecken, Früchte und Pistazienkaffee. In der Karawanserei Hasan Paşa Hanı kühlen wir uns ab und genießen einen Tee oder eine Limonade.

Diyarbakır war einst zentraler Ort an der Seidenstraße und in genau dieser Karawanserei konnten Reisende mit ihren Tieren und Handelsgütern sicher übernachten. Heute findet man hier viele Restaurants, Cafés und Teehäuser, die dank des schattenspendenden Gebäudes viel besucht werden. Man sagt, wer im Hasan Paşa Hanı keinen Tee getrunken hat, war nicht wirklich in Diyarbakır.

Weiter geht es in die große Moschee von Diyarbakır, eine der ältesten Moscheen Mesopotamiens. Die ursprünglich christliche Kirche wurde um 640 n. Chr. von den Arabern in eine Moschee umgewandelt. Anschließend geht es weiter durch die Innenstadt, vorbei an weiteren Kirchen und Türmen, bis wir die Stadtmauer erreichen und hinaufsteigen. Von dort hat man einen wunderbaren Blick auf die Altstadt sowie die Hevsel-Gärten. Die Mauer und die Gärten wurden 2015 von der UNESCO in die Liste der Welterbstätten aufgenommen. 

Mit dem Auto geht es dann weiter zur historischen Tigris-Brücke. Aufgrund ihrer 10 Bögen wird sie auch die Brücke mit den 10 Augen bezeichnet. Nach einer kurzen Erfrischung im Hotel finden wir uns zum Abendessen im Restaurant Êvar ein, bei dem uns erneut türkische Köstlichkeiten serviert werden. Darunter viele Vorspeisen, ein Grillteller, vegetarische Pide sowie Baklava. 

Tag 7: Fahrt nach Midyat über Hasankeyf

Nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel geht es mit dem Auto ins ca. 200 km entfernte Midyat. Den ersten Halt machen wir in Zerzevan Kalesi, einer damaligen oströmischen Militärbasis. Seit 2014 finden hier archäologische Ausgrabungen statt. Die Burg stammt aus dem 4. Jahrhundert, wurde aber in jüngster Vergangenheit seit drei Generationen von einer Familie bewohnt, die vermutlich nicht einmal wusste, auf was für bedeutsamen Ruinen sie lebten. Vor Ort durften wir aufgrund der andauernden Ausgrabungen nur bedingt fotografieren und filmen. 

Unterwegs kommen wir an der Stadt Batman vorbei, die natürlich nichts mit dem Film zu tun hat. Fun Fact: 2008 hat der damalige Bürgermeister Hueseyin Kalkan versucht, DC Comics aufgrund der Namensrechte zu verklagen. Anscheinend mischte sich dann irgendwann Präsident Erdogan ein und sagte Kalkan, er solle sich nicht lächerlich machen. 

Etwa eine Stunde von Batman entfernt kommen wir in Hasankeyf am Tigris an. Von hier aus nehmen wir ein Boot, um uns die im Rahmen eines Staudamm-Projektes geflutete Höhlenstadt anzuschauen. Gegen die Flutung gab es nationalen und internationalen Protest, schließlich sollen Menschen dort seit fast 12000 Jahren siedeln. 2020 wurde die Flutung abgeschlossen, zahlreiche Gebäude, wie z. B. das Zeynel-Bey-Mausoleum konnte versetzt werden und bilden heute den Hasankeyf-Kulturpark. Die meisten Menschen mussten umgesiedelt werden und leben nun auf der anderen Uferseite in Neu-Hasankeyf

Von Hasankeyf dauert es erneut ca. eine Stunde bis nach Midyat, wo wir im wunderschönen Shmayaa Hotel unterkommen. Auf der Terrasse genießen wir den Sonnenuntergang, ehe es zum Abendessen in die Altstadt geht. 

Traumhafter Sonnenuntergang von der Terasse unseres Hotels in Midyat

Tag 8: Zwischen Midyat und Mardin

Nach dem Frühstück erkunden wir die Altstadt Midyats zu Fuß. Es gibt Pistazienkaffee, Weinproben und zahlreiche Steinhäuser, die wir besichtigen. Midayt ist Zentrum der Silberschmiedekunst, daher besuchen wir auch eine Schmuckwerkstätte. Die Stadt ist wirklich wunderschön. 

Mit dem Auto geht es ca. 20 Minuten weiter Richtung Güngören, wo sich das Kloster Mor Gabriel befindet. Es ist eines der ältesten christlichen Klöster der Welt und sehr bedeutsam für die syrisch-orthodoxe Kirche von Antiochien. Das Kloster ist vollständig bewohnt und seit 1600 Jahren wird hier gebetet. Deswegen dürfen wir auch nur zu bestimmten Zeiten das Kloster besichtigen. Gelegentlich laufen summende oder singende Mönche an uns vorbei, die ihre Choräle übrigens in Aramäisch, der Sprache Jesu, beten.

Der nächste Programmpunkt ist Zîyareta Gundê Kîwexê in Mağaraköy, ein altes Ezidendorf, das im Rahmen politischer Dispute 1985 zwangsgeräumt wurde. Mittlerweile ziehen die im Ausland lebenden Eziden wieder zurück, gerade stehen aber noch viele Häuser leer. Das wird sich in den nächsten Jahren komplett ändern, sagt unser Guide. Die größten zusammenhängenden Bevölkerungsgruppen der Eziden gibt es übrigens im Nordirak, Südanatolien und Armenien.

Unsere Mittagspause ist einzigartig. Die Tische und Bänke des Beyazsu Dicle 2 Restaurants sind in einem Bach! Bei den jetzt schon hitzigen Temperaturen (im Sommer muss es unerträglich heiß sein) ist es so angenehm, die Schuhe auszuziehen und die Füße im Bach zu erfrischen. 

Anschließend fahren wir weiter Richtung Dara, einer spätantiken oströmischen Festungsstadt. Dabei fahren wir unmittelbar an der syrischen Grenze vorbei. Aus dem Fenster kann ich den streng überwachten Grenzübergang sehen, der keine 50 Meter von uns entfernt ist. Dahinter die syrische Stadt Qamischli. Völlig irrational, aber etwas beschleicht mich ein mulmiges Gefühl, das aber nach kurzer Zeit wieder verfliegt. 

Wir erreichen die Felsenstadt Dara, die 505 n. Chr. von Kaiser Anastasius gegründet wurde und daher auch den Namen Anastasiupolis trägt. Besonders beeindruckend ist die Gräbergalerie, die drei Etagen groß ist. Wie so oft in der Region, gibt es hier ein Stromproblem, sodass die Innenbeleuchtung der Galerie nicht funktioniert. Dank unseres Guides Volkan sehen wir aber trotzdem die wichtigsten Stationen, zumal es draußen auch noch hell ist. 

Abends kommen wir in Mardin an, wo uns ein Abendessen mit Live-Musik erwartet. Natürlich gibt es wieder türkische Köstlichkeiten. Nach dem Essen gehen wir noch auf einen kurzen Spaziergang durch die Altstadt und sehen, wie lebendig diese an einem Wochenende ist. Tanzende Menschen, Essensstände an jeder Ecke und Abendunterhaltung.  

Tag 9: Stadttour in Mardin

Der Tag beginnt mit der Besichtigung des syrisch-orthodoxen Zafaran Klosters, unweit von Mardin. Das Kloster ist eines der ältesten der Welt und Sitz des Bischofs von Mardin, der hier mit weiteren Mönchen lebt. Unter der Kapelle befindet sich ein Tempel, der bereits 2000 v. Chr. entstanden sein soll.

Beim Bau des Klosters soll man Safran in den Mörtel gemischt haben, damit das Gebäude gut riecht, daher der Name Zafaran Koster. In der syrisch-orthodoxen Kirche wird das Kloster allerdings nach dem ersten Bischof Mardins Mor Hananyo genannt. Grundsätzlich ist der Gebäudekomplex sehr beeindruckend, an einem Wochenende aber wirklich voll mit Einheimischen, aber auch internationalen Touristen. 

Zurück in Mardin begeben wir uns zu Fuß auf Entdeckungstour. Die Stadt hat eine gut 5000 Jahre alte Vergangenheit, mit vielen unterschiedlichen Völkern und demnach sehr vielen Sehenswürdigkeiten. Darunter die Medressen Kasımiye (1445 n. Chr.) und Zinciriye (1385 n. Chr.), von der man einen wundervollen Ausblick auf die Stadt hat.

Auf der Stadttour entdecken wir viele kleine, verwinkelte Gassen, eine schöner als die andere. Es gibt wieder viele türkische Köstlichkeiten, darunter Süryani çöreği

Abends geht es in das Fine Dining Restaurant Zamarot 1890, das von der Chefköchin Ebru Demir geführt wird, die 2023 den Basque Culinary World Prize gewonnen hat. Die Küche basiert ausschließlich auf anatolischem Essen und hat ein Zero-Waste Konzept: Regenwasser wird eingesetzt, Abfälle kompostiert etc.

Tag 10: Göbekli Tepe und Şanlıurfa

Frühmorgens geht es mit dem Auto weiter Richtung Şanlıurfa zum absoluten Highlight der Tour: die Besichtigung der UNESCO-Welterbestätte Göbekli Tepe. Dieser Ort hat die menschliche Geschichte verändert. Er wurde von dem Deutschen Archäologen Klaus Schmidt entdeckt und ausgegraben. Göbekli Tepe kann nachweislich auf 9600 v. Chr. zurückdatiert werden, ist damit das älteste bekannte Bauwerk der Menschheit. Sie stammt aus einer Zeit, in der Jäger und Sammler sesshaft wurden. Unser Guide Volkan hat hier persönlich mit Klaus Schmidt zusammengearbeitet und kennt den Fundort wie seine eigene Westentasche. 

Nach dieser phänomenalen Besichtigung geht es weiter nach Şanlıurfa, kurz Urfa genannt, wo wir zu Fuß die Stadt erkunden. Wir spazieren entlang des Balıklıgöl (Teich des Abraham), der voll mit Karpfen ist. Der Legende nach soll der Prophet hier von König Nimrod ins Feuer geworfen worden sein und wurde durch ein Wunder gerettet. Feuer verwandelte sich in Wasser, das Brennholz in Karpfen. Daher gelten die Fische hier auch als heilig und dürfen unter keinen Umständen gegessen werden.

Ein Stück weiter liegt die Halil-Rahman-Moschee. In einer Höhle, um die ein Gebetsraum gebaut wurde, soll Abraham geboren worden sein. Daher ist die Moschee auch ein bekannter Pilgerort. 

Wir laufen weiter ins Archäologische Museum. Ein Teil von Göbekli Tepe wurde in Originalgröße nachgebaut und ist vollständig begehbar. Außerdem befinden sich hier viele weitere Fundstücke, Stelen und Skulpturen des Fundorts. 

Anschließend fahren wir mit dem Auto weiter, überqueren den Euphrat und erreichen Abends das Hotel im kleinen Dorf Karadut. Von hier aus ist es nicht mehr weit zum Berg Nemrut. 

Tag 11: Berg Nemrut und Gaziantep

Um 4 Uhr morgens geht es bereits los. Von einem speziellen Fahrzeug werden wir an den Berg Nemrut gefahren, um hier gegen 5:30 Uhr auf einen spektakulären Sonnenaufgang zu hoffen. Mit 2200 m ist er eine der höchsten Erhebungen im Norden Mesopotamiens.

Der steile, finale Aufstieg zu Fuß wird mit einem atemberaubenden Blick belohnt. Obwohl es noch recht dunkel ist, sind die kopflosen Statuen sehr beeindruckend. Während zahlreicher Erdbeben, der Witterung und Vandalismus sind die Köpfe der Götterfiguren abgefallen und wurden nun davor aufgestellt.

Hinter den Heiligtümern befindet sich ein riesiger Berg. König Antiochos I. Theos (69–36 v. Chr.) soll dort begraben liegen und sein Grab mit 150 m breiten und 40 m hohem Geröll aufgeschüttet worden sein. Trotz zahlreicher Versuche ist man allerdings nie an die Grabkammer gekommen und konnte sie nachweisen.

Der erhoffte Sonnenaufgang bleibt leider aus; es fängt zwischenzeitlich sogar an zu regnen und zu gewittern. Dennoch eine sehr einprägsame Erfahrung und eines der Highlights. 

Zurück im Hotel frühstücken wir ausgiebig, ehe es dann mit dem Auto weiter nach Halfeti geht. Der ursprünglichen Stadt ist dasselbe Schicksal wie Hasankeyf zuteil gekommen. Sie wurde 1999 im Euphrat geflutet und die Menschen umgesiedelt. Auch hier erwartet uns eine Bootstour, damit wir uns ein umfassendes Bild machen können. Sehr prägnant ist die versunkene Moschee Halfetis, bei der nur noch das Minarett aus dem Wasser herausragt. Direkt dort können wir auch ins Wasser springen und uns von den sommerlichen Temperaturen abkühlen, während wir über der versunkenen Stadt schwimmen.

Zurück am Hafen geht es mit dem Auto weiter nach Gaziantep. Unterwegs passieren wir die Stadt Adiyaman, die vom Erdbeben 2023 sehr schwer getroffen wurde. Gefühlt ist hier jedes zweite Gebäude unbewohnbar. Noch immer wohnen viele Menschen in Camps oder mussten zu ihren Familien in anderen Städten ziehen. Es bricht mir das Herz, wenn unser Guide Volkan davon erzählt, wie viele Freunde er verloren hat und zeitweise sogar seine Tochter tot geglaubt hatte.

In Gazieantep angekommen, essen wir im bekannten Mutfak Sanatlari Merkezi zu Mittag. Die Küche Gazianteps ist von der UNESCO ausgezeichnet worden. In diesem Restaurant stehen teilweise bis zu 600 unterschiedliche Gerichte zur Auswahl. Wir bekommen eine gute Mischung aus vielen bekannten Spezialitäten, wie Pide, Oliven, eingelegte Weinblätter, Joghurtsoßen und Lammgerichte. Es schmeckt ausgezeichnet. 

Anschließend begeben wir uns auf eine Stadttour durch Gaziantep. Wir besuchen eine historische Einkaufspassage, den Kupferschmieden Bazar Bakırcılar Çarşısı. Unser Guide Volkan bringt uns zu einem Geschäft, das für seinen Katmer bekannt ist. Katmer ist eine traditionelle, türkische, mit Pistazien gefüllte Süßspeise aus Gaziantep, ähnlich wie Baklava, allerdings mit deutlich weniger Schichten.

Es ist spannend, zu sehen, wie hauchdünn der Teig sein kann. Wir dürfen den frischen, noch heißen Katmer natürlich probieren. Es schmeckt unfassbar lecker und gar nicht so süß, wie erwartet. Abschließend gehen wir noch ein letztes Mal zusammen Abendessen.

Tag 12: Mosaikmuseum und Abreise

Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen und checken im Hotel aus. Es geht zum Flughafen. Auf dem Weg wollen wir aber noch unbedingt das Mosaikmuseum Zeugma besuchen, es soll das größte der Welt sein. Und es ist in der Tat sehr beeindruckend und vor allem riesig. Da fragt man sich anschließend, warum wir diese schöne Mosaiktradition verloren haben.

Das bekannteste Mosaik ist das einer Zigeunerin aus dem 2. Jhd. Das Bild wird oft symbolisch für Gaziantep genutzt. In dem Museum könnte man sich stundenlang aufhalten, aber wir müssen zum Flughafen. Damit endet unsere mit Geschichte und Kultur vollgepackte Reise. 

Fazit

Der Osten und Südosten Anatoliens haben sehr viel zu bieten. Sowohl Kulturbegeisterte als auch abenteuerlustige Wanderer kommen hier auf ihre Kosten. Auf dieser Reise haben wir beide Elemente kombiniert. Ich kann mir aber vorstellen, dass der Großteil sich eher auf eines der beiden Themen festlegt. Die Reise von DIAMIR Erlebnisreisen, die ihr übrigens hier buchen könnt, ist eher auf den kulturellen Teil ausgelegt. Deshalb überprüft bitte genau, wie die aktuellen Routen bei DIAMIR sind, bevor ihr bucht.

Einmal mehr konnte mich die Türkei nicht nur überzeugen, sondern überraschen. Die Energie, die man spürt, wenn man an so geschichtsträchtigen Orten wie der Burg in Van, dem Seldschukenfriedhof in Ahlat oder Göpekli Tepe steht, kann man nicht mit Bildern oder Texten fassen. Die Reise ist in jeglicher Hinsicht bereichernd; sie lehrt nicht nur von der Geschichte der menschlichen Zivilisation, den Völkern und Religionen, sondern macht sie direkt erlebbar und spürbar. Sie wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.

Disclaimer: Ich wurde von DIAMIR Erlebnisreisen zu dieser Reise eingeladen. Vielen Dank dafür, meine Meinung und Ansichten bleiben trotzdem meine eigenen. Möchtest du diese Reise selber erleben, dann kannst du sie direkt hier bei Diamir buchen.

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Hi ich bin Dom Quichotte!

Ich bin Dom, professioneller Fotograf und habe lange in Los Angeles gelebt. Wenn ich nicht gerade einen Fotojob habe, entdecke ich gerne die Welt.

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