Ferienzeit bedeutet für mich Achterbahnzeit. Schon oft fuhr ich mit Freunden auf einen Kurzurlaub in Freizeitparks und auch sonst interessiere ich mich als Enthusiast unheimlich für die neuesten Achterbahnkreationen der weltweiten Parks.
Doch in diesem Sommer, klar, ist alles anders. Corona beherrscht alle Lebensbereiche. Und ebenso wie Läden und Restaurants schließen mussten, wie Reisen storniert wurden, konnten auch die Freizeitparks erst deutlich verspätet in die 2020er Saison starten.
Ich wollte wissen, wie sich ein Freizeitparkbesuch in Zeiten von Corona anfühlt. Ist es bis auf die Maske und die konkrete Reservierung des Tickets für den Besuchstag praktisch unverändert? Wie sieht so ein Hygienekonzept in den Dimensionen eines Freizeitparks aus? Und kann man sich hinsichtlich der Ansteckungsgefahr seitens anderer Gäste sicher fühlen, wo Freizeitparks ein kaum kontrollierbarer Sammelpunkt für tausende Menschen bleiben?
Muss man da jetzt hinfahren?
Natürlich dachte ich vorher darüber nach, ob man nun wirklich in einen Freizeitpark fahren sollte, wenn das Virus noch immer da ist und die Infektionszahlen zeitweise zunehmen.
Ich kam für mich aber zum Entschluss, dass ich mich auch sonst immer und überall an die entsprechenden Regeln halte, Abstände wahre und die Maske aufhabe. So also auch während meiner Parkbesuche.
Ich besuchte zweimal den Hansapark in Sierksdorf direkt an der Lübecker Bucht. Einmal im Juli und einmal im September. Er zählt nach offiziellen Angaben des Parks und unter normalen Umständen rund 1,4 Millionen Besucher im Jahr und gehört damit zu den meistbesuchten deutschen Parks.
Und was ich vorab festhalten kann: Ich war überrascht, dass der Hygieneaspekt am Ende doch gar nicht so sehr auffiel und der Parkbetrieb trotz der vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen in einem fast wie vor Corona gewohnten Verhältnis funktionierte. Vor allem beim Besuch im September, weil der Park so schön leer war.
Hansapark: Eine empfehlenswerte Destination?
- Familien-Freizeitpark direkt an der Ostsee zwischen Lübeck und Neustadt / Holstein
- Seit jeher ein sehr kinderfreundlicher Park, seit den letzten Jahren aber auch vermehrt neue Achterbahnen und Attraktionen für Leute, die mehr Action möchten
- Beeindruckende Themenwelten um die Bahnen und Attraktionen herum, orientiert an der europäischen Hansezeit
- Rund 460.000 m² Fläche, eröffnet im Jahr 1977
- Eintrittspreise: Bis 4 Jahre kostenlos, von 4-11 Jahre 31 EUR, ab 12 Jahre 39,50 EUR, außerdem Sonderkonditionen für Personen mit Handicap
Für die Saison 2020 kaufte ich mir – da war Corona noch kein Thema – erstmals ein Saisonticket für den Hansapark. Für mich ist er die Nummer 2 in Deutschland.
Seit dem Jahr 2009 machte sich der Hansapark enorm. Zwei neue und intensive Achterbahnen wurden gebaut, ebenso wie zuletzt ein Weltrekord-brechender Freifallturm und andere tolle Attraktionen. Dazu verändert sich der Park jedes Jahr ein Stückchen mehr, indem Landschaften auf Basis von Geschichten aus der Hansezeit umthematisiert werden.
Ich finde diese Geschichten und Landschaften klasse. Sie sind detailvertraut, anspruchsvoll und kreativ. Das macht den Hansapark empfehlenswert und hebt ihn auf ein neues Level.
So verkörpert eine der neuen Achterbahnen – der „Fluch von Novgorod“ – eine Hansezeit-Saga aus der gleichnamigen russischen Stadt am Ilmensee. Der wesentliche Teil der Fahrt findet im Dunkeln statt und die Bahn rast durch mehrere Türme. Äußerlich orientierte sich der Hansapark bei diesen Türmen am Novgoroder Kreml.
Die andere, neueste Achterbahn – der „Schwur des Kärnan“ – erzählt wiederum eine Geschichte rund um den echten Kärnan, eine mittelalterliche Festung im schwedischen Helsingborg.
Der 79 Meter hohe Turm-Nachbau im Hansapark ist schon von der Autobahn aus zu sehen – selbst von den Stränden in Scharbeutz und Timmendorfer Strand aus. Er beinhaltet den senkrechten Lift der Achterbahn inklusive weltweit einzigartigem Rückwärtsfreifall in vollkommener Dunkelheit.
Natürlich bietet der Hansapark abseits dieser zwei Achterbahnen und anderer Thrill-Attraktionen aber auch sehr viel für Familien mit Kindern. Unter anderem den „Alten Jahrmarkt“ und das vollkommen auf Kinder ausgerichtete „Wikingerland“.
Und in Zukunft wird es noch mehr: Momentan befindet sich eine neue Familien-Erlebniswelt im Störtebeker-Stil im Bau. Voraussichtliche Eröffnung: 2021. Darüber hinaus plant der Hansapark rechts vom Eingangsbereich einen neuen „Hanse in Europa“-Bauabschnitt für Lissabon und Barcelona.
Charakteristisch für den Hansapark sind aber nicht nur ebendiese Attraktionen und Erlebniswelten, sondern auch der Blick aufs Meer, wenn es mal höher hinaus geht. Es hat etwas Besonderes, entweder vom Freifallturm, von der hohen Achterbahn oder vom Aussichtsturm aus über das Wasser bis zum Horizont zu blicken.
Solch ein Panorama bietet kein anderer deutscher Park. Ebenso verstecken sich im hinteren Parkbereich mehrere Aussichtspunkte. Wer zwischendrin einfach mal verschnaufen und den Blick schweifen lassen möchte: diese Orte sind perfekt für eine kleine Pause.
Und wer noch etwas länger an der Ostsee bleiben möchte, kann das „Hansapark Resort am Meer“ nutzen – viele bunte Ferienhäuser direkt am Parkgelände zwischen dem Park und der Ostsee.
Corona-Maßnahmen: Woran müssen sich Freizeitparks ohnehin halten?
- Limitierte Ticketverkäufe und nur noch online im Voraus für bestimmtes Datum – um unkontrollierbare Besucheranstürme zu vermeiden
- Maskenpflicht in Wartebereichen / Gastronomie / schnellen Attraktionen
- Abstände von mindestens 1,50 Metern in Wartebereichen und im Park – die Gastronomie hinsichtlich Parkrestaurants ist individuell zu behandeln und Achterbahnen sowie Karussells dürfen unter Umständen nicht voll besetzt werden
- Keine Shows und Paraden oder ähnliche Entertainment-Aktionen – weder indoor noch outdoor, um Menschenansammlungen zu vermeiden
- Desinfektionsspender in ausreichender Anzahl
Individuelle Maßnahmen: Wie hat der Hansapark die Richtlinien erfüllt?
Die grundsätzlichen Richtlinien der Länder gegenüber Freizeitparks und Freizeiteinrichtungen sind klar formuliert. Und doch reden wir bei solchen Parks von komplett anderen Dimensionen als bei Restaurants oder im Einzelhandel.
Die entsprechenden Konzepte bedürfen detaillierter Arbeit. Und der Hansapark hatte laut Hinweisen auf der Webseite den Anspruch, ein effektives und Richtlinien-einhaltendes aber nicht störendes Konzept zu entwickeln. Während alle anderen deutschen Parks bereits mit zweckerfüllenden Maßnahmen in die Saisons gestartet waren, zog der Hansapark mit deutlichem Abstand erst als einer der letzten Parks nach.
Die meisten deutschen Parks, darunter beispielsweise das Phantasialand in Brühl bei Köln und der Heidepark in Soltau, öffneten zwischen dem 20. Mai und 29. Mai wieder ihre Tore. Offiziell durch die Bundesländer erlaubt war es teilweise schon vorher. Der Hansapark öffnete erst am 30.06.2020 wieder.
Warum? Es braucht praktisch ein individuelles Hygienekonzept für jede einzelne Fahrattraktion. Beim Hansapark spielt sich zudem vieles innerhalb von geschlossenen Räumen ab. Das braucht besondere Aufmerksamkeit.
Wie stellt man also sicher, dass sich beim Nutzen der verschiedenen Attraktionen sowie beim Warten und sonstigen Parkbetrieb niemand ansteckt und die Risiken trotz immer noch vieler Menschen überschaubar bleiben?
Ich kann aus meiner Sicht festhalten, dass speziell der Hansapark die Hygienemaßnahmen trotz der entsprechenden Dimensionen so umgesetzt hat, dass sie dem Gast kaum auffallen.
Unterm Strich waren es nur die Masken und die leider komplett geschlossenen Parkrestaurants, die ins Gewicht fielen. Ansonsten fühlte sich alles wie bei einem normalen Parkbesuch „Plus“ an. Warum „Plus“?
Weil in der Szene empfohlen wird, einen Freizeitpark stets außerhalb der Ferien und unter der Woche zu besuchen. Ansonsten sind die Wartezeiten an den Attraktionen toxisch und man schafft kaum etwas.
Corona änderte das: Durch die limitierten Ticketverkäufe und zusätzlich fernbleibende Besucher war der Hansapark selbst in den Sommerferien und am Wochenende bei bestem Wetter nicht allzu voll und die Wartezeiten waren absolut moderat.
Mich wunderte das, denn manche Bahnen und Karussells wurden vor jeder Fahrt desinfiziert und ohnehin haben die beiden Großachterbahnen „Novgorod“ und „Kärnan“ keine besonders hohen Kapazitäten hinsichtlich der Fahrgäste pro Stunde. Die überschaubaren Wartezeiten überraschten mich.
Apropos warten: An den erwähnten Achterbahnen gibt es vor dem Einstieg normalerweise enge Indoor-Wartebereiche. Um das Ansteckungsrisiko hier zu vermeiden, warteten alle Gäste vor den Gebäuden.
An den Eingängen angekommen, wurden sie von Mitarbeitenden in der passenden Anzahl des gerade bereitstehenden Achterbahn-Zuges ins Gebäude gelassen. Ein bisschen warten und dann einfach durchmarschieren? Echt cool.
Angenehm war auch, dass sich die Besucher weitestgehend an Abstände sowie immer an die Maskenpflicht hielten. Auch auf den Bahnen mit Maskenpflicht behielten andere die Masken – soweit ich es beobachten konnte – auf. Die Maske mindert den Fahrspaß zwar etwas, ist aber einfach erforderlich und umso mehr freut man sich auf die ersten Fahrten ohne Maske, sobald dies wieder erlaubt ist.
Ein authentisches Detail aus dem Hansapark zum Schluss: Die Leute, die sonst als Animateure durch den Park laufen und die Gäste unterhalten, liefen stattdessen mit Desinfektions-Sprühflaschen umher. Zusammen mit den Desinfektions-Spendern an den Fahrgeschäften (einfach beim Verlassen der Fahrgeschäfte einmal drücken und desinfizieren) war man aus meiner Sicht jederzeit gesundheitlich sicher.
Ich habe noch nie so oft meine Hände desinfiziert.
Andere Parks: Wie sehen die Maßnahmen dort aus?
Nach dem Hansapark und den positiven Eindrücken wollte ich wissen, wie es in anderen Freizeitparks aussieht. Natürlich schaute ich mir Vlogs von Freizeitpark-YouTubern bei ihren Besuchen an, unter anderem beim Kanal „Ride Review“.
Bei vielen Parks wären ähnliche positive Zustände wie im Hansapark zu erkennen. Ich besuchte aber auch selbst noch den Heidepark in Soltau (Niedersachsen). Wieder an einem Wochenende bei heißen Temperaturen in den Sommerferien.
Tatsächlich war festzustellen, dass sich die individuellen Corona-Maßnahmen zwischen dem Hansapark und dem Heidepark unterschieden. Und zwar so deutlich, dass man beim Heidepark als Gast aus dem Gedankengang „Corona“ nicht mehr rauskam.
Man fühlte sich dauerhaft beobachtet und belehrt. Viele Besucher hielten sich nicht an die Maskenpflicht und an Abstände. Immer wieder liefen Mitarbeiter hektisch in den Wartebereichen umher und versuchten, Maskenverweigerer ausfindig zu machen. Denen drohte nach erster Verwarnung ein Hausverbot.
Andauernd kamen Ansagen über die Lautsprecher, die zum Einhalten der Regeln aufforderten und über Konsequenzen aufklärten, wenn man es nicht täte. Zwar erforderlich, aber auch nervend.
Die Wartebereiche selbst waren meist einfach mit zusätzlichem „Flatterband“ oder mit Eisenbarken errichtet, um seitliche Abstände einzuhalten. Ich würde jetzt meinen, dass man das selbst in der kurzen Zeit hätte schöner lösen können.
Quellen berichten aber auch von massiven Umsatzeinbußen nur in den paar Wochen des Lockdowns. Die Rede ist von Millionensummen, die man sich kaum vorstellen kann. Klar, dass manche Parks vieles dann auch nur zweckhaft tun, um schnell wieder eröffnen zu können.
Ebenso wurde beim Heidepark in vielen Achterbahnen jede zweite Sitzreihe ausgelassen, unter anderem bei der nach Restauration neu eröffneten Holzachterbahn „Colossos“.
Bei dem hohen Besucherandrang – der Heidepark darf durch die Größe des Parks mehr Leute reinlassen und die tummelten sich unter anderem bei „Colossos“ – kam es zu teils sehr langen Wartezeiten in der prallen Sonne.
Und als weiterer Unterschied im direkten Vergleich zum Hansapark entschied sich der Heidepark dafür, jedem Besucher eine konkrete Einlasszeit zu geben. Wir durften, während der Park schon um 9 Uhr aufmacht, erst um 10:30 Uhr in den Park. Andererseits schien der Park nicht allzu sehr darauf zu achten – wir kamen um 10 Uhr ohne Kommentar rein.
Trotz all dem hatten wir natürlich auch im Heidepark einen schönen Aufenthalt und würden den Park wieder besuchen. Neben den Fahrgeschäften waren Wassersprinkler das Highlight – immer wieder liefen wir unter ihnen durch, um uns bei den Temperaturen abzukühlen.
Freizeitparkbesuch vs. Corona – Funktioniert!
Aus meiner persönlichen Sicht ist der Hansapark hinsichtlich des Parks selbst sowie der Hygienemaßnahmen besser als der Heidepark, aber da sollten sich alle ein eigenes Urteil bilden.
Grundsätzlich machen sowohl der Heidepark als auch der Hansapark deutlich: ein Freizeitparkbesuch in Corona-Zeiten funktioniert und ist nicht so risikoreich, wie es zunächst wirkt.
Sicher wäre es ohne Masken in den Wartebereichen und während der Fahrten schöner. Jedoch ist den Parks und ihren sehr bemühten Mitarbeitern hoch anzurechnen, dass sie alles geben, um den Freizeitspaß trotz des Virus zu ermöglichen. Hut ab davor.
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Hi ich bin Eike!
Ich bin Eike und ich bin auch viel unterwegs – in Freizeitparks. Es sind wahre Adrenalin-Roadtrips, auf die ich mich begebe, um die besten Achterbahnen und Freizeitparks Deutschlands und Europas zu erleben. Darüber schreibe ich als Achterbahnreporter auch in meinem eigenen Blog. Danke Katrin, dass ich diesen Gastbeitrag bei dir veröffentlichen durfte!
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